Renate Lüllmann-Rauch wurde am 29. Dezember 1941 in Neumünster geboren und legte 1961 Ihr Abitur an der Kieler Gelehrtenschule ab. Bis 1967 studierte sie in Kiel und Basel Medizin. Ihre Dissertation führte Sie zwischen 1964 und 1965 beim Kieler Toxikologen Professor Ohnesorge zu „Peristaltikuntersuchungen am Darm der Schleihe“ durch. Am 1. April 1970 wurde Sie wissenschaftliche Assistentin am Anatomischen Institut der Christian-Albrechts-Universität in Kiel. 6 Jahre später habilitierte sie sich und wurde zur „Dozentin an einer wissenschaftlichen Hochschule“ ernannt. 1982 wurde sie außerplanmäßige Professorin (apl) und 1992 Hochschuldozentin (C2) auf Lebenszeit. 2001 hatte sie ihr 40-jähriges Dienstjubiläum; am 31.03.2007 trat Sie offiziell in den Ruhestand.
Den meisten Anatominnen und Anatomen im deutschsprachigen Raum ist Renate Lüllmann-Rauch durch das Taschenlehrbuch Histologie (Thieme-Verlag) ein Begriff, das in 7 Auflagen erschienen ist. Das Buch war und ist nicht nur ein Meilenstein in der histologischen Ausbildung von Generationen an Medizinstudierenden sondern Histologie-Fortbildung pur für jede Anatomin und und jeden Anatomen, ob jung oder alt. Renate Lüllmann-Rauch verstand es wie niemand sonst, einen Sachverhalt so prägnant und allgemeinverständlich zu formulieren, dass er für Leser ohne und mit Vorkenntnissen gut verständlich und nachvollziehbar war und dabei immer dem neuesten Kenntnisstand der Forschung genügte. Sie feilte dafür oftmals mehrere Stunden an einem Absatz. Für diejenigen, die direkt mit Renate Lüllmann-Rauch zu tun hatten, war sie Kollegin, Vorbild, Mentorin und Lehrerin. Sie setzte sich stets dafür ein, das wissenschaftliche und akademische Niveau in der Anatomie so hoch wie nur irgend möglich zu halten, stellte dabei höchste Ansprüche an sich selbst und erwartete dies auch von ihrem Gegenüber, ob Studierende, Mitarbeitende, Assistentin oder Assistent, Kollegin oder Kollege. Renate Lüllmann-Rauch war aber nicht nur begnadete Hochschullehrerin und Didaktikerin, sondern auch ausgewiesene Morphologin: sie hatte sich der Erforschung lysosomaler Speicherkrankheiten verschrieben und konnte ihre Ergebnisse dazu in zahlreichen Arbeiten publizieren. Darüber hinaus war ihre morphologische Expertise bei Wissenschaftlern anderer Disziplinen sehr geschätzt, sie trug grundlegende Befunde zu vielen hochrangigen Publikationen anderer Arbeitsgruppen bei. Sie liebte die klassische Musik, spielte selbst Cello und Horn; ihrer Leidenschaft für die Vogelbeobachtung ging sie auf langen Spaziergängen in der Umgebung ihres Ferienhauses in Kappeln (Schlei/Schleswig-Holstein) nach.
Renate Lüllmann-Rauch verstarb am 13. November 2024 nach kurzer, schwerer Krankheit.
Die Anatomische Gesellschaft verliert mit Renate Lüllmann-Rauch nicht nur ein Ehrenmitglied, sondern eine große Morphologin und Anatomin die bis ins hohe Alter immer neugierig und interessiert war und die das, was sie erforschte und erlernte, bis ins Detail verstehen und erworbenes Wissen an andere weitergeben wollte. Die Anatomische Gesellschaft wird ihr stets ehrend Gedenken.
Der Schriftführer und Esther Asan/Würzburg
im Namen des Vorstands der Anatomischen Gesellschaft